Positionsbestimmung zu Freiräumen (AS)
Frei:Raum
Das Wort Freiraum kommt üblicherweise in der Soziologie sowie in der Psychologie zum Einsatz. Laut Duden liegt die Bedeutung in der „Möglichkeit zur Entfaltung eigener Kräfte und Ideen (für eine Person oder Gruppe)“
Es könnte ein ungestörter, keiner ungewollten Beeinflussung unterliegender Ort sein. Im öffentlichen Bereich vielleicht auch ein vergessener. Egozentrisch betrachtet auch ein Ort der mir und meinem gestalterischem Wille voll ausgeliefert ist. Also ein Ort der uneingeschränkten Möglichkeit zur Selbstverwirklichung. Auf die Betrachtung kommt es an. Aus Perspektive des Ortes liegt der als Freiraum vermutete Bereich keinen vordefinierten Nutzungen zugrunde. Das Geschehen der Zeit manifestiert sich am besagten Ort in Form von Umwelteinflüssen, evtl. auch der Flora und Fauna. Da solche Freiräume aus Sicht der Orte nicht gegenüber Dritten verteidigt werden müssen, vermute ich eine erleichterte Vereinnahmung dieser Orte für eigene Zwecke. Der bei mir angrenzende Hinterhof mag für Menschen vernachlässigt wirken, für kleinere Vögel ist es aber ein Revier das verteidigt werden muss. Als Freiraum anmuten könnten auch Orte, deren vorgesehene Nutzung nicht eingetreten ist, bzw. vor langer Zeit obsolet wurde. Im städtebaulichen Sinne ist der Freiraum ein als solcher definierter Ort, eine Kompensation für überbaute oder mit Nutzungen versehene Flächen.
Die politische Dimension dringt einem unweigerlich ins Bewusstsein, wenn deutsche Innenminister von sich Reden machen, in dem Sie mit dominanter Stimme behaupten in der Bundesrepublik keine Freiräume zu dulden. Vermutlich keine rechtsfreien Räume. Oder die 68er Generation, die für sich Freiraume für ein selbstbestimmtes Leben einforderte.
Freiräume von denen ich mir etwas verspreche befinden sich in einem Art Vakuum. Einem Nutzungsvakuum. Es sind Orte die nach einer Nutzung oder Intervention verlangen, warum auch immer, durch wen auch immer. Orte die aus zivilisatorischer Sicht vergessen, verloren oder auch verbannt erscheinen. Diese Orte verlangen nach einer Nutzung, durch Mensch, Tier und/oder der Natur. In diesem Sinne wird der Freiraum zu einem Phänomen der Vergangenheit, denn mit einer Nutzung belegt dient der Ort einem bestimmten Zweck und wird in dessen Maße beansprucht. Einen Freiraum zu identifizieren erscheint als ein sehr subjektives Unterfangen, diesen mit Nutzungen zu belegen als ein fundamentaler Eingriff. Vielleicht gibt es je nach Maßstab Freiräume in Freiräumen und es liegt an uns, den Nutzenden, Eingriffe/Interventionen in angemessenem Rahmen durchzuführen. Genutzte Freiräume unterliegen vielleicht auch einer bewussten oder unbewussten Duldung der Zustände. Denn wer bestimmt über die Rechtmäßigkeit von Eingriffen wenn es keine Kläger gibt? Sei es das mit Schuhregalen geschmückte Treppenhaus im Altbau, oder die Stadtbrache, die ungefragt für einen mehrstündigen Rave herhält – es findet eine Aneignung statt, die solange geduldet wird bis ein Kläger erscheint.
Ohne Zweifel ist der sogenannte Freiraum ein schillerndes Chamäleon, ein je nach Betrachtung und Verständnis gearteter Raum. Für die einen Frei, für andere vielleicht auch nicht. Gesellschaftlich gesehen sind als Freiraum identifizierte Orte ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und der eigenen Persönlichkeit. Es sind Orte an denen wir experimentieren, uns etwas trauen, gestalterisch wirken und Zeuge dieser Früchte werden. Freiräume dienen auch dem Zweck an Grenzen zu geraten, von denen wir nichts wussten oder nichts wissen wollten. Es sind Orte geschaffen für Ereignisse jeglicher Art.
Frei: eben.